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L+74 – L+75: Logbuch

Gestern haben wir Dragon zurück nach Hause geschickt! Ich werde euch in den nächsten Tagen mehr darüber erzählen, aber fürs Erste kann ich sagen: Auf die letzten Wochen seit Dragons Ankunft zurückblickend ist es sehr zufriedenstellen, über all die erledigte Arbeit nachzudenken, von den Experimenten über das Be- und Entladen bis zur Verlegung von kalten Proben aus den Kühl- und Gefrierschränken in Kühlbeutel für die Rückkehr. Es ist allerdings auch schön, heute mal durchatmen zu können: da wir das ganze Wochenende hart arbeiten mussten, haben wir diesen Mittwoch frei. Eine nette Überraschung!

Aber lasst uns noch einmal auf letzte Woche zurückkommen und auf die Aussetzung von etwas sehr viel kleinerem an einem etwas kleineren Roboterarm: ein kleiner Cubesat in den Dimensionen 10cm x 10cm x 10cm, ausgesetzt vom japanischen Arm am Freitag. Ziemlich cool anzuschauen!

Es wurden an den Tagen vor der Aussetzung einige Vorbereitungen getroffen, in enger Zusammenarbeit mit dem JEM Kontrollzentrum in Tsukuba, Japan. Wir ihr euch vielleicht erinnern könnt, wenn ihr das Logbuch gelesen habt, hat das JEM Modul seine eigene Luftschleuse: wir können eine Luke nach innen öffnen und einen Tisch in die Kabine fahren. In der Woche vor der Aussetzung installierte Butch auf diesem Tisch das Aussetzsystem zusammen mit dem Cubesat darin. Am Donnerstag letzter Woche machte ich die Luftschleuse drucklos. Übrigens hat die japanische Luftschleuse, wie die große für die Außeneinsätze auch, Vorrichtungen, den Großteil der Luft in die Raumstation zurückzugewinnen – nur das letzte bisschen Luft, wenn der Druck in der Luftschleuse zu gering wird (ungefähr 0.14 bar), muss in den Weltraum abgelassen werden. Sobald die Schleuse auf Vakuum-Level war, öffnete ich die äußere Luke zum Weltraum und ließ den Tisch mit dem Satelliten und dem Aussetzsystem hinausgleiten. Ab diesem Zeitpunkt übernahmen die Kollegen in Tsukuba die Kontrolle und griffen das Aussetzsystem mit dem japanischen Roboterarm und, nachdem sie es fest im Griff hatten, bekam ich das Go, es vom Tisch loszulösen, sodass der Arm volle Kontrolle darüber hatte und es in die Aussetzposition bewegen konnte. Meine nächste Aufgabe war es, Bilder vom Aussetzen zu machen und ich muss sagen, dass mich das etwas nervös machte: Man bekommt nur eine Chance, den richtigen Moment zu treffen und der Satellit bewegt sich schnell fort, sobald er ausgesetzt ist! Das wollte ich wirklich nicht vermasseln, ich kann mir die Enttäuschung der Studenten, die den Cubesat entwickelten und davon keine Bilder hätten, kaum vorstellen.

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Wo ich gerade über Studenten spreche, am Mittwoch hatte ich außerdem die Möglichkeit, über Amateurfunk mit einer Gruppe Schüler der Schulen „Locatelli-Oriani“ und „Bachelet“ aus der Gegend um Mailand zu sprechen: danke für euren tollen Fragen und eure harte Arbeit während der Vorbereitung hierfür!

Am Freitag verbrachte ich einige Zeit in unserer Luftschleuse mit der Arbeit an den EMU Anzügen für die Außeneinsätze. Ich arbeitete an den Kühlwasserkreisläufen beider Anzüge, die bei den für Terry und Butch geplanten Außeneinsätzen genutzt werden und reinigte das Wasser mit verschiedenen Arten von Filtern und durch das Hinzufügen von Jod zur mikrobiellen Überwachung. Anschließend nahm ich Wasserproben, die mit Dragon zur Kontrolle am Boden zurückkehrten. Die Reinigung des Kühlkreislaufs kann auch dazu genutzt werden, Checks an den Anzügen zu durchzuführen und Telemetriedaten zur Bodenkontrolle zu schicken, daher wurden beide Anzüge an einen Laptop angeschlossen, auf dem eine Software zur Datenerfassung lief.

Am Freitag konnte ich übrigens auch mit der Kontrollstation in Moskau sprechen, wozu wir nicht-russischen Besatzungsmitglieder nicht oft die Möglichkeit kriegen. Während wir uns auf das Abdocken von ATV am Samstag vorbereiten, führte ich eine Prüfungsprozedur für das ATV Fernsteuerungspanel durch, welches wir im russischen Servicemodul haben werden, wenn ATV abreist. Wir werden nur im Falle von nicht-normalen Situationen Kommandos an ATV senden müssen. Daher gehe ich davon aus, dass wir das Kontrollpanel nicht wirklich brauchen, aber wir werden trotzdem bereit sein!

Originaler Logbucheintrag bei Google+
https://plus.google.com/u/0/112628950566484266163/posts/8NztKa8SKPV

(Trad IT)  Traduzione in italiano a cura di +AstronautiNEWS  qui:
http://www.astronautinews.it/tag/logbook

(Trad FR) Traduction en français par +Anne Cpamoa ici:
https://spacetux.org/cpamoa/category/traductions/logbook-samantha

(Trad ES) Tradducción en español por +Carlos Lallana Borobio aqui:
http://laesteladegagarin.blogspot.com.es/search/label/SamLogBook

Alle Bilder © ESA/NASA

L+72 – L+73: Logbuch

Heute ist Samstag und wow, das war eine arbeitsreiche Woche! Und leider gab es nicht besonders viel Zeit, euch über unsere Arbeit und das Leben hier oben auf dem Laufenden zu halten. Aber wir können ein bisschen was nachholen, also lasst uns sehen, was diese Woche auf der ISS passiert ist.

Am Dienstag habe ich etwas getan, was wir nicht gerade jeden Tag machen: ich habe einen Teil der Raumstation bis zum Vakuum drucklos gemacht. Allerdings keine Luftschleuse, die sind ja genau dafür gedacht.

Ein Vestibulum (vestibule): das ist der kleine Raum, der entsteht, wenn zwei Module der ISS zusammengefügt werden. Wie wenn ihr bei euch zuhause nicht nur eine Tür zwischen zwei Räumen hättet, sondern zwei, die zwischen sich einen kleinen Raum schaffen, wenn beide Türen geschlossen sind. Auf der ISS nennen wir diesen Raum zwischen den Luken „Vestibulum“ (vestibule). Stellt euch vor, ihr wolltet sichergehen, dass beide Luken dicht sind – die beste Methode dafür ist, das Vestibulum dazwischen drucklos zu machen. Wenn Luft hinein kommt und damit der Druck ansteigt, dann hat eine Lukendichtung ein Leck. So funktioniert es: man verbindet das Vestibulum mit einem Anschlusspunkt zum Vakuum und lässt all die Luft von Bord, anschließend misst man den Restdruck, welcher sehr nahe 0 sein wird (in meinem Fall ca. 3mm Hg), wartet 24 Stunden und prüft den Druck nochmals. Natürlich gibt es keine perfekte Dichtung, ein kleine Undichtigkeit wird es immer geben.

Im Fall des Vestibulums ist es laut Prozedur eine positive Dichtigkeitsprüfung, wenn die Drucksteigerung darin nach 24 Stunden weniger als 5mm Hg ausmacht.
Ich wette, ihr wundert euch bereits, welche Luken wir geprüft haben und warum? Nun, vielleicht habt ihr es schon gehört, aber wir werden auf der Raumstation bald ein paar Umbauten durchführen. Zeit, die Raumverteilung etwas aufzufrischen! Unser PMM Modul, welches aktuell an Node 1 nadir angeschlossen ist, wird nach Node 3 umziehen und der Node 1 nadir Anschluss bekommt eine luxuriöse Aufrüstung, wodurch er dazu in der Lage sein wird, besuchende Raumfahrtzeuge aufzunehmen. Wir führten die Dichtigkeitsprüfung also zwischen PMM und Node 1 durch um sicherzugehen, dass diese Luken nicht lecken, da sie dem Vakuum ausgesetzt sein werden, wenn wir im Laufe des Jahres die Umbauten durchführen. Zusätzlich installierten Terry und ich vor der Dichtigkeitsprüfung eine Durchführung: hiermit ist es möglich, eine Kabelverbindung durch ein Loch in der Druckhülle herzustellen. Man schließt das Kabel an einer Seite an, sagen wir innen, und steckt nun die Weiterführung an der anderen Seite der Durchführung an, sagen wir außen. Die Durchführung wird in ein Loch eingeführt und hat Dichtungen um sicherzugehen, dass keine Luft nach außen leckt.

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Ihr werdet froh sein zu hören, dass die Dichtigkeitsprüfung bestanden wurde, beide Luken und die neu installierte Durchführung sind also dicht. Gute Neuigkeiten, was? Was ihr übrigens im Bild seht, ist der lange Schlauch, mit dem wir das Vestibulum mit dem Vakuum verbinden: er musste den ganzen Weg durch das Labor zum Anschlusspunkt zum Vakuum reichen. Vielleicht ist es nur bei mir so, aber etwas an das Vakuum anzuschließen erfordert definitiv Vorsicht: es ist nicht besonders kompliziert, das Vestibulum drucklos zu machen, trotzdem habe ich alles doppelt und dreifach geprüft, bevor ich das Ausgleichsventil öffnete, das die Atmosphäre darin ins Weltall entleert. Tatsächlich hatte ich sogar kurz das Gefühl, dass meine Ohren knacken würden, was ein Zeichen für einen Druckverlust in der Kabine gewesen wäre, allerdings waren die Druckanzeigen stabil. Es war wohl also eher das Rauschen des Ventils, das meinem Trommelfell einen Streich gespielt hat.

Mittwoch war einer der Raumstation-in-Schuss-halten-Tage für mich. Neben dem Aufräumen des Aufbaus für die Dichtigkeitsprüfung habe ich z.B. an einer regelmäßigen Umweltüberprüfung gearbeitet, die unser Trinkwasser auf Kolibakterien und anderes Keimwachstum in den Trinkwasserleitungen nach 48 Stunden Inkubationszeit prüft. Zum Glück konnte ich keine Mikrobenkolonien im Erfassungsgerät und keine magentafarbene Verfärbung auf dem Erkennungsstreifen feststellen, also ein negatives Ergebnis. Es ist immer gut, die Bestätigung zu haben, dass unser Trinkwasser sauber ist!

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Alle Bilder © ESA/NASA

L+66, L+67: Logbuch

Im letzten Logbucheintrag erwähnte ich, dass die ISS in den letzten Tagen ein vielbeschäftigtes Labor ist, in dem simultan Experimente in verschiedensten Bereichen durchgeführt werden. Gleichzeitig ist sie auch ein Weltraumbahnhof, in dem Schiffe voll mit Gütern kommen und gehen. Aktuell haben wir 2 Fahrzeuge hier, Dragon und ATV, welche uns in den nächsten zwei Wochen verlassen und für den Abflug und Wiedereintritt vorbereitet werden müssen. Daher habe ich meinen virtuellen Laborkittel für die nächsten paar Tage (größtenteils) abgelegt, die Ärmel hochgekrempelt und bin im Fracht-verpacken-und-verladen-Modus.

Ein Raumfahrzeug für den Wiedereintritt in die Atmosphäre zu beladen ist ein heikler Prozess: das Gesamtgewicht und wie das Gewicht verteilt ist (und demzufolge der Schwerpunkt) müssen genau bekannt sein, um die Zündungen der Düsen für die gewünschte Wiedereintrittsflugbahn genau berechnen zu können. Das ist besonders wichtig für ein Raumfahrzeug wie Dragon, das auf der Erde geborgen werden soll, ebenso aber auch für ATV5, da dieses in der Anfangsphase einen besonders kontrollierten Wiedereintritt durchführen wird, um Daten für das kontrollierte Absenken und Abstürzen der Umlaufbahn der Raumstation zu sammeln (wenn die Zeit gekommen ist, das ist nicht sehr bald).

Wie ihr vielleicht wisst, wird ATV in der Atmosphäre zerstört, also beladen wir es mit Müll: Abfall, Verpackungsmaterial, alte Kleidung und ausrangierte Dinge. Und wir beladen es bis zum Maximum, da die Logistik an Bord durch den Verlust der Orbital 3 Mission im Oktober eine Herausforderung wurde: wir haben einen Haufen „Kram“ (hochtechnischer Weltraum-Begriff), der schon lange fort sein sollte! Ebenfalls aus diesem Grund beladen wir sogar Dragon mit einer begrenzten Menge an Müll, obwohl das Fahrzeug am Boden (oder genauer gesagt im Meer) intakt geborgen wird und daher seine Hauptaufgabe das Zurückbringen von Fracht ist.

Aber wie funktioniert das alles, dass die Massenverteilung so genau sein muss? Ehrlich gesagt weiß ich es nicht ganz genau. Es finden einige Planungs- und Koordinierungswunder am Boden statt und wir bekommen als Ergebnis daraus zwei Dinge: eine Frachtliste, die alle Beutel, ihren Inhalt, wo sie sich befinden, wo sie hin gehören und spezielle Packanweisungen auflistet und eine Info darüber, in welcher Reihenfolge gepackt werden muss und ebenfalls spezielle Anweisungen, wie z.B. Bilder zu machen, eine Seriennummer aufzuschreiben oder ein Teil in einer bestimmten Richtung zu verpacken. Falls in den Beuteln noch Platz ist, füllen wir diesen mit Füllschaum auf, in dem Frachtgut beim Start verpackt war und mit Reißverschlussbeuteln, gefüllt mit alter Kleidung. Und mit Glück passen sie in ihren vorbestimmten Stauraum – welcher natürlich auch einen Ortungscode hat, sodass wir genau wissen, welcher Beutel wo hin gehört.

Am Mittwoch, während wir mit der Planung beschäftigt waren, drehte die Flugkontrolle die Raumstation um 180 Grad – anstatt, wie üblich, Node 2 zeigt nun das russische Servicemodul nach vorn. Ich bekam davon überhaupt nichts mit – ich hatte es sogar vergessen. Bei einem Blick aus der Cupola hätte ich es natürlich sofort erkannt, das war allerdings nicht möglich, da die Klappen wegen der Manöver den ganzen Tag geschlossen bleiben mussten. Hier habe ich auch eine neue psychologische Störung für euch: Cupola-Entzugssyndrom!

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Aber warum flogen wir am Mittwoch „rückwärts“? Nun, wir mussten die Düsen von ATV nach vorne drehen, sodass sie gezündet werden konnten, um die Station etwas abzubremsen – genug, um das Apogäum (den hohen Punkt des Orbits) ein paar Kilometer abzusenken. Üblicherweise nutzen wir das ATV genau für das Gegenteil – um den Orbit mit einem sogenannten Reboost regelmäßig anzuheben. Diesmal jedoch war ein „Deboost“ nötig, um unseren Orbit für das nächste Progress Raumfahrzeug genau richtig zu kriegen.

Der „Deboost“ dauerte ungefähr 4 Minuten: Ich schwebte noch im US Labor und ließ mich zum anderen Ende des Moduls treiben, während ATV die Raumstation um mich herum drückte. Sowas macht Spaß!

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