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L+59 – L+65: Logbuch

Die letzte Woche waren meine Tage gefüllt mit Experimenten – sorry, dass ich euch nicht gut auf dem Laufenden gehalten habe, aber wir haben wirklich viel zu tun hier oben auf dem Außenposten der Menschheit im Weltraum!

Einige Experimente waren alte Bekannte, wie „Circadian Rhythms“ und einige neu, wie z.B. ESAs „Airway Monitoring“. Über letzteres sprach ich recht ausführlich in meinen Logbucheinträgen während der Trainings, wie z.B. in L-129.

https://plus.google.com/+SamanthaCristoforetti/posts/MtNoDoiRMfZ

Nach einigen Problemen mit den Geräten (welche recht komplex sind und zum Teil das erste Mal an Bord genutzt werden) bekamen Terry und ich alle benötigten Daten für die Sitzung mit „normalem“ Druck: in einigen Wochen führen wir die Messung mit reduziertem Druck durch, wofür wir uns in der Luftschleuse einschließen und den Luftdruck um uns herum absenken werden.
Ich glaube, dass es nicht viele Labortechniker auf dem Planeten gibt, welche in einem so breit gefächerten, wissenschaftlichen Spektrum arbeiten können, wie wir: Ich vermute, dass alle Laboratorien auf der Erde sehr viel spezialisierter und Wissenschaftler und Techniker auf einen spezifischen Bereich trainiert sind. Wir hingegen haben keine speziellen Fähigkeiten und keine großen Erfahrungen in den wissenschaftlichen Dingen, die wir tun: teilweise hatten wir vor vielen Monaten eine Übung, teilweise kriegen wir Trainings an Bord, wie z.B. Videos oder Folien.

Natürlich haben einige Astronauten einen Hintergrund in experimenteller Wissenschaft, aber das ist nicht die Mehrheit: die meisten von uns verlassen sich auf sehr detaillierte Verfahrensanweisungen und, bei den sehr komplexen Aufgaben, auf Echtzeit-Unterstützung durch die Entwickler und/oder Forscher der Experimente von der Bodenkontrolle. Manchmal sprechen sie nur über die regulären Kommunikationsmitarbeiter, die gerade Dienst haben, mit uns, wie z.B. von Eurocom für ESA Aufgaben, während sie manchmal direkt über eine All-zu-Boden-Verbindung mit uns kommunizieren, die nur sie nutzen.

Mein eigener wissenschaftlicher Hintergrund ist begrenzt – was man eben bei einem Ingenieursabschluss so mitbekommt. Und hätte ich eine wissenschaftliche Ausbildung anstatt einer im Ingenieurwesen gewählt, wäre es Physik gewesen. Selbst dann hätte ich also kaum eine Gelegenheit gehabt, mit Zellkulturen und Mehrgenerationen-Experimenten mit Fruchtfligen und Würmern zu arbeiten. Ich bin auch nicht sicher, ob ich für einen Vollzeit Job dafür geeignet wäre – man braucht vermutlich mehr Geduld, als ich habe – aber trotzdem habe ich viel Spaß an diesen Experimenten hier auf der ISS!

Montag zum Beispiel konnte ich wieder am Projekt „Epigenetics“ arbeiten. Meine kleinen Freunde sind in dem Fall nicht Fruchtfliegen, sondern andere Tiere, die üblicherweise in der Forschung als Modell für größere Organismen genutzt werden: ein 1mm langer Wurm namens Caenorhabditis Elegans, unter Freunden C. Elegans. Und genauso, wie mit den Fruchtfliegen, möchten wir, dass sie Babys bekommen: ganze vier Generationen werden an Bord heranwachsen und Exemplare jeder Generation (Erwachsene und Larven) werden für die Rückkehr im Tiefkühlschrank konserviert.

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Dragon brachte die C. Elegans in Starterspritzen mit nach oben und ich injizierte sie letzte Woche in Verschlussbeutel, um das Ausbrüten zu beginnen. Am Montag entnahm ich dann die Babys mithilfe einer speziellen Spritze mit einem Filter, der die größeren, erwachsenen Würmer nicht durchließ. Die erste Generation Erwachsener verblieb im originalen Verschlussbeutel und wurde eingefroren, während ich die zweite Generation Babys in einem anderen Beutel platzierte, um sie weiter ausbrüten zu lassen. Der Zweck des Experiment ist es, wie der Name schon sagt, vererbte epigenetische Veränderungen zu untersuchen: also Änderungen in der Genexpression, nicht aber der DNA selbst.
Anders gesagt: die Umwelt kann nicht die Gene in der DNA verändern, aber sie kann Auswirkungen darauf haben, wie Gene sich äußern oder „aktiviert“ werden. Die Würmer passen sich an die Schwerelosigkeit an und verändern ihre Genexpression, die Frage ist also: Wann und, wenn ja wie, wirken sich diese Veränderungen auf ihren Nachwuchs aus?

Faszinierend, oder?

Originaler Logbucheintrag bei Google+
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(Trad IT)  Traduzione in italiano a cura di +AstronautiNEWS  qui:
http://www.astronautinews.it/tag/logbook

(Trad FR) Traduction en français par +Anne Cpamoa ici:
https://spacetux.org/cpamoa/category/traductions/logbook-samantha

(Trad ES) Tradducción en español por +Carlos Lallana Borobio aqui:
http://laesteladegagarin.blogspot.com.es/search/label/SamLogBook

Alle Bilder © ESA/NASA

L+57, L+58: Logbuch

L+57, L+58: Logbuch

Diese Woche war eine, in der das Thema der Experimente…ich war.
Die menschliche Physiologie war auf meinem wissenschaftlichen Zeitplan definitiv sehr präsent, angefangen bereits am Wochenende, als ich während des Schlafs Daten gesammelt habe! Dragon brachte mir eine ganz besondere Nachtgarderobe: eine Weste für das Experiment „tragbare Überwachung“ (Wearable Monitoring), welche ich zwei Nächte in Folge tragen musste, um erste Daten zu erfassen. Die Weste wurde speziell für mich angepasst und sitzt recht eng, da sie Instrumente eingebaut hat, die Kontakt zu meinem Körper brauchen: Elektroden für ein „klassisches“ Elektrokardiogramm und einen 3-Achsen-Beschleunigungsmesser, der die Mechaniken des Herzens überwacht, vor allem das Öffnen und Schließen der Herzklappen. Die Hypothese, die hier untersucht werden soll, ist die, dass kleine Veränderungen in den Herzfunktionen Mikro-Erwachen auslösen können, welche die Schlafqualität auf der ISS beeinflussen. Allerdings muss ich, natürlich von einem völlig subjektiven und nicht quantitativen Standpunkt aus gesehen, sagen, dass ich hier oben sehr gut schlafe!

Früh am Montagmorgen war es Zeit für meine erste Sitzung Gehirnablauf (Brain Drain). Wir hatten zu Beginn der Mission zwar bereits einen Ultraschall, doch für diese bestimmte Art der Messungen mussten wir, nach dem Verlust der Orbital-3-Mission, auf Ersatzgeräte von Dragon warten. Als Instrumente für Brain Drain werden unter anderem drei Dehnmessstreifen für die Plethysmografie gebraucht, welche aussehen wie ein Halsband aus dehnbarem Material, wie auf dem ersten Bild zu sehen. Tatsächlich sind es Sensoren, welche den Blutfluss der Venen auf eine nichtinvasive Art messen, die nicht von den Fähigkeiten des Anwenders abhängig ist, wie zum Beispiel beim Ultraschall. Während ich die Bänder am Hals, Arm und Bein angelegt hatte, machte ich mehrere Atmungen mit 70% meines Lungenvolumens, jeweils ohne Aktivität und mit Anspannen und Drehen der Hand oder des Fußes. Währenddessen atmete ich in unseren Lungenfunktionsprüfer und die Software zeigte mir, über eine grafische Oberfläche, wann ich ein- oder ausatmen sollte. Das Ziel des Experiments ist herauszufinden, wie sich der Rückfluss des Blutes aus dem Kopf ins Herz im Weltraum verändert, da wir hier keine helfenden Auswirkungen der Gravitation haben. Wir wissen darüber noch wenig und ein besseres Verständnis dieser Mechanismen der Zirkulation könnte möglicherweise dabei helfen, degenerative Hirnkrankheiten besser zu verstehen.

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Nach dem Gehirnablauf-Experiment ging es weiter mit dem zweiten Herz-Sauerstoff-Experiment während der Mission, welches Ultraschallbilder der Hals- und Oberarmarterien und Doppler-Messungen des Blutflusses macht. Und um den Physiologie-Tag abzuschließen, habe ich außerdem Daten für das Skin-B-Experiment gesammelt, von dem ich euch bereits erzählte. Da viele dieser Experimente miteinander vergleichbare Probensammlungen brauchen, habe ich am Dienstag eine 24-stündige Urinprobensammlung gemacht und „Terry, der Vampir” (ein guter Freund von „Terry mit den Scherenhänden“, dem Friseur) nahm mir Blut ab.

Aber wie ihr wisst, haben wir nicht nur Menschen auf der ISS! Moment, freut euch nicht zu früh, mir ist weder etwas von Aliens als blinde Passiere bekannt noch von Ufos ,die bewaffnete Luftraumüberwachung fliegen – wir haben aber natürlich unsere lieben Fruchtfliegen an Bord. Einige der Kassetten mit Fliegen und Larven sind inzwischen im Tiefkühlschrank gelandet, aber ich habe weitere Kassetten in die Zentrifuge gelegt und ihre feste Position ihrer jeweils zugeordneten Anlage und das Mehrgenerationen-Projekt geht weiter. Für einige der Arbeiten zur Fixierung habe ich einen Einweg-Handschuhkasten gebaut und genutzt, den ihr im zweiten Bild sehen könnte. Ich wusste nicht mal, dass wir die an Bord haben, die Raumstation ist immer wieder für Überraschungen gut!

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Alle Bilder © ESA/NASA

L+55: Logbuch

L+55: Logbuch

Ich weiß, ich bin ein bisschen spät dran mit den Logbucheinträgen, aber habt Nachsicht – ich möchte euch noch mal zu letzter Woche zurückbringen, denn Freitag hatten wir ein besonderes Ereignis auf der Raumstation: Butch, Elena und ich hatten das Vergnügen und die Ehre, im Japanischen Labor das Finale des Zero-Robotics-Wettbewerbs auszurichten!

Um an den Zero Robotics teilzunehmen, müssen Oberstufenschüler Code schreiben, der einen SPHERES-Satelliten steuert. Auf der Erde natürlich nur in Simulationen, doch der Code des Teams, das ins Finale kommt, steuert tatsächlich eine der echten SPHERES-Einheiten, die wir hier auf der Raumstation haben.
SPHERES bestimmen ihre Position im Raum mithilfe von fünf Blinklichtern, die wir im JEM platzieren, wodurch diese das Volumen des Raums bestimmen, in dem die Satelliten arbeiten. Kleine Düsen ermöglichen es den SPHERES, sich zu bewegen und zu drehen. Das Antriebsgas für die Düsen ist CO2, das sich in kleinen Tanks befindet, die wir schnell austauschen können, wenn sie leer sind.
Zu Beginn jedes Laufs platzieren wir zwei Satelliten in vorbestimmten Anfangspositionen und -ausrichtungen und lassen sie anschließend los, ab hier übernimmt der Code der zwei konkurrierenden Teams die Steuerung. Während wir die meiste Zeit die SPHERES dabei beobachten, wie sie sich durch die Kabine bewegen, haben wir ebenfalls ein Auge auf das Computer-Display, das die virtuelle Umgebung darstellt, in dem die Satelliten sich bewegen und in deren Mitte sich ein Asteroid befindet. Die Aufgabe der Satelliten war es, ein Foto des Asteroiden zu machen. Doch damit nicht genug: Um Punkte zu sammeln, mussten sie ihre Antennen auf die Erde richten und die Bilder übertragen. All das während sie Sonneneruptionen auswichen, indem sie sich in einem Schutzort hinter dem Satelliten platzieren, um nicht zu riskieren, ihre gespeicherten Bilder oder sogar den ganzen Satelliten (virtuell) zu beschädigen, falls sie von den Eruptionen getroffen würden.
Glaubt jedoch nicht, dass das Schreiben von Code hier die einzige notwendige Fähigkeit wäre: Zero Robotics ist vor allem auch ein Strategiespiel und es war toll, die unterschiedlichen Spielstile zu sehen, manche vorsichtiger, manche aggressiver.

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Haushaltung mit Treibstoff war ebenfalls ein wichtiger Punkt: Für jeden Lauf hatte der Satellit eine bestimmte Menge an CO2. Sobald diese verbraucht war, konnten sie die Düsen nicht mehr zünden – außer die Satelliten begannen, sich aus dem erlaubten Raum zu bewegen. In diesem Fall übernahm der Code des MIT die Kontrolle und zündete die Düsen, um sie wieder in den Raum zurückzubringen.

Das MIT betreibt SPHERES und die Zero-Robotics-Wettbewerbe und die meisten der US-Finalisten waren dort versammelt, um die Finals zu sehen, während die europäischen Finalisten in der ESA-Anlage ESTEC in den Niederlanden zuschauten – zusammen mit einem Team, das den weiten Weg aus Russland angereist war!
Einige weitere Teilnehmer waren in Moskau versammelt.
Übrigens mussten sich die Teams nach den Anfangsphasen in Dreierbündnissen zusammentun und ich glaube, dass alle Bündnisse Teams aus den USA und aus Europa beinhalteten, was ich klasse fand.

Fürs Protokoll, die Zero-Robotics-Gewinner 2014 sind die LakeElevenVADARS, das Bündnis aus den Teams Lake (USA), Cora’s Eleven (Italien) und VADARS (USA). Herzlichen Glückwunsch!
Und an alle die teilgenommen haben, wir hier oben sind sehr stolz auf euch: auf euren Enthusiasmus und euer Engagement bei einem Spiel, das eure Fähigkeiten, euer kreatives Denken und eure Fähigkeit, selbst über Kontinente hinweg im Team zu arbeiten, getestet hat. Ihr seid super! Und für 2015… LOS ZERO ROBOTICS!

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