L+200 – Teil 1: Die letzten Stunden an Bord der ISS

Nach einem Sommer voller Reha und Nachbesprechungen (und ja, zwei Wochen Urlaub) ist es an der Zeit, die Geschichte meiner Mission zur ISS abzuschließen. Dies ist der erste Teil einer Serie von Logbucheinträgen, welche zurückblicken auf die Abreise, die Landung und die Wiederanpassung.

11. Juni 2015
Es sieht so aus, als meinten Sie es diesmal ernst: nach einer einmonatigen Verzögerung wollen sie diesmal wirklich, dass wir heimkehren.

Es gab ein frühes Aufwachen an unserem letzten Tag auf der ISS: die morgendliche, tägliche Planungskonferenz, unsere Abstimmung mit den Kontrollzentren, um den Tag zu beginnen, war für 01:00 Uhr terminiert! Wir gingen gestern allerdings bereits am frühen Nachmittag schlafen, tatsächlich haben wir sogar seit einigen Tagen unseren Schlaf verschoben. Das Abdocken findet erst um 10:18 Uhr statt, aber es gibt noch einiges zu tun, bevor wir das Kommando zum Öffnen der Haken senden können, welche unsere Soyuz an die Raumstation angeschlossen halten. Und wenn ihr denkt, wir nähmen uns Zeit, mental auf Wiedersehen zu sagen, gemächlich unsere letzten Stunden im All auskostend, nun…natürlich denkt ihr das nicht, ihr wisst es besser!

Tatsächlich war der Morgen so geschäftig wie immer. Scott und ich waren bereits vor der Konferenz im Columbus Modul, uns gegenseitig bei Blutentnahmen assistierend. Dies war eine sogenannte Umgebungstemperatur-Blutentnahme (ambient blood draw), was bedeutet, dass die Röhren nicht in den MELFI Gefrierschrank kommen, sondern an Bord der Soyuz auf die Erde zurückkehren. Sie werden aus dem Landemodul geholt, sobald wir dort heraus geborgen werden. Die Blutentnahme war nicht anders als jede andere, die wir bisher hatten, allerdings wirkten die Verpackungsanweisungen gewaltig, vor allem für einige bestimmte Röhren, die Scott für seine Zwillingsstudie nutzt. Ich werde ihm für immer dankbar sein, dass er das Verpacken selbst erledigte, sodass ich noch etwas Zeit für eine letzte Tour durch die Raumstation hatte. Danke, Scott!

Allerdings bekam auch ich meine Portion Verpacken zu tun. Erinnert ihr euch an das Stammzellendifferenzierungsexperiment aus dem Logbucheintrag L+141-L+144?
http://www.logbuch-iss.de/2015/04/17/l141-l144-ein-alternativplan-fuer-dragons-verzoegerte-ankunft/
Nun, diese Proben kehren heute ebenfalls heim, also holte ich sie aus dem MELFI Gefrierschrank und packte sie in isolierende Beutel. Es gibt, wie ihr euch vorstellen könnt, nicht viel Platz im Soyuz Landemodul, also packen wir alles so kompakt wie möglich. Im Fall von Teilen, die früh geborgen werden müssen, schreiben wir die Nummer des Pakets auf einen grünen Aufkleber und machen außerdem ein Bild davon, welches dem Bergungsteam am Landepunkt zur Verfügung gestellt wird, sodass sie genau wissen, wonach sie schauen müssen. Natürlich lädt Anton die Soyuz exakt anhand des Frachtplans: bei einem Raumfahrzeug ist es wichtig, dass der Schwerpunkt am richtigen Ort liegt, vor allem bei der Heimkehr zur Erde!

Ich habe der Wissenschaft heute übrigens nicht nur Blut gespendet. Als erstes nach dem letzten Aufwachen in meinem schwebenden Schlafsack nahm ich drei Speichelproben – eine 10 minütige Routine, welche ich bereits oft für die Experimente Microbiome und Speichelmarker gemacht habe. Oh, und nicht die Urinproben vergessen! Ich nehme bei jeder Gelegenheit Urinproben und packe sie in den MELFI Gefrierschrank, bis die Luken sich schließen. Der Glanz der Raumfahrt…

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Bild: Proben des Experiments Stammzellendifferenzierung aus dem MELFI Gefrierschrank holen

Originaler Logbucheintrag bei Google+
https://plus.google.com/u/0/+SamanthaCristoforetti/posts/JuQiM8fzimK

(Trad IT)  Traduzione in italiano a cura di +AstronautiNEWS  qui:
http://www.astronautinews.it/tag/logbook

(Trad FR) Traduction en français par +Anne Cpamoa ici:
https://spacetux.org/cpamoa/category/traductions/logbook-samantha

(Trad ES) Tradducción en español por +Carlos Lallana Borobio aqui:
http://laesteladegagarin.blogspot.com.es/search/label/SamLogBook

(Trad Russo) +Dmitry Meshkov
http://samlogbook-ru.livejournal.com

Alle Bilder © ESA/NASA