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L+200 – Teil 2: Das Schließen der Luken

Dies ist der zweite Teil einer Serie von Logbucheinträgen, welche zurückblicken auf die Abreise, die Landung und die Wiederanpassung.

11. Juni 2015
Trotz des eng gesteckten Zeitplans vor der Abreise fand ich genug Zeit für eine letzte Tour durch die Raumstation: nur ein schnelles Durchschweben, versuchend, alles aufzunehmen und im Gedächtnis zu speichern. Oh, und ein letzter Flug durch das Labor, mich genau richtig von den Handleisten an einem Ende abstoßend, um gerade zur anderen Luke zu fliegen. Es wirkt nun so natürlich – die ersten Tage, als schweben noch eine Herausforderung war, liegen viele Monate in der Vergangenheit.

Ich warf meine letzten Hygieneartikel weg, die sich noch in Node 3 befanden und außerdem einige Kleidungsstücke aus meiner Kabine, wonach ich nur noch die Kleidung „besaß“, die ich in dem Moment trug. Ich loggte mich von meinen persönlichen Computern ab: sollte mir irgendwer ab jetzt eine e-mail in den Weltraum schicken, werde ich sie niemals lesen, da ich nie wieder Zugriff auf diese e-mail Adresse haben werde. Ich schaute ein letztes Mal ins Columbus Modul um sichergehen, dass ich es in gutem Zustand hinterlassen würde. Albern, auf eine Art und Weise, ich habe für Columbus keine andere formelle Verantwortung als für jeden anderen Ort auf der Raumstation, aber ich schätze, ich habe mich immer ein bisschen in Verantwortung gefühlt für dieses Stück Europas im Weltraum. Zuletzt zeigte ich Scott, wo er mein übriggebliebenes Bonusessen finden würde. Mir ging vor ein paar Tagen das Olivenöl aus: ich schätze, es ist wirklich Zeit, zu gehen.

Um 06:00 Uhr traf ich Anton in der Soyuz, um ein paar Checks und Aktivierungsarbeiten durchzuführen. Alles lief reibungslos und zügig. Dann war es Zeit, etwas Wasser und einen last-minute Snack im Orbitalmodul der Soyuz zu verstauen, sicherzugehen, dass alle Checklisten vorhanden waren und 07:00 Uhr zu warten, um die Luken zu schließen.

Wir hatten unsere Verabschiedungsgrüße bereits letzte Nacht während des Abendessens ausgetauscht, es war trotzdem ein intensiver Moment, als wir uns ein letztes Mal mit Scott, Gennady und Misha umarmten. Noch mehr sogar, als Anton und Gennady die Luken schlossen. Für einen Moment wurde mir überaus klar, dass das Leben auf der ISS weitergehen würde, dass wir allerdings kein Teil davon sein würden. Es war allerdings keine Zeit, bei diesem Moment zu verweilen, wir mussten uns nun darauf fokussieren, sicher zur Erde zurückzukehren. Das Schöne an der Raumfahrt ist, dass es immer ein Lukenschließen gibt, das unmissverständlich zu verstehen gibt, dass etwas zu Ende geht und es Zeit ist, sich auf das zu konzentrieren, was als nächstes kommt.

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Erste Priorität: all die vor-Abflug Aufgaben erledigen und das pünktlich, beginnend mit den Soyuz- und Stationsluken. Wie ihr euch sicher denken könnt, wenn ihr dieses Logbuch verfolgt habt, mussten wir dazu das Vestibulum drucklos machen, der Raum zwischen zwei Luken. Zur Sicherheit (sollte die externe Luke von Soyuz tatsächlich lecken) begaben wir uns ins Landemodul und schlossen die Luke, um uns vom Orbitalmodul zu isolieren. Anschließend schickte ich das Kommando, um das Druckausgleichsventil zu öffnen und wir sahen zu, wie der Druck im Vestibulum auf fast null fiel. Obwohl wir noch immer fest mit der Raumstation verbunden waren, trennte uns von nun an ein Vakuum von unseren Freunden im Inneren. [forts.]

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(Trad IT)  Traduzione in italiano a cura di +AstronautiNEWS  qui:
http://www.astronautinews.it/tag/logbook

(Trad FR) Traduction en français par +Anne Cpamoa ici:
https://spacetux.org/cpamoa/category/traductions/logbook-samantha

(Trad ES) Tradducción en español por +Carlos Lallana Borobio aqui:
http://laesteladegagarin.blogspot.com.es/search/label/SamLogBook

(Trad Russo) +Dmitry Meshkov
http://samlogbook-ru.livejournal.com

Alle Bilder © ESA/NASA

L+170: Schon gehört? Ich bleibe noch ein paar weitere Wochen im Weltraum!

Habt ihr die Neuigkeiten schon gehört?

Heute hat Roskosmos, die russische Raumfahrtagentur, offiziell bekanntgegeben, dass unsere Landung auf Anfang Juni verlegt wurde, was bedeutet dass…Terry, Anton und ich bleiben noch ein paar extra Wochen im Weltraum!

Während ich das hier schreibe, kann ich immer noch nicht glauben, dass unser ursprüngliches Landedatum morgen gewesen wäre und ich nun zum letzten Mal in meinen ISS Schlafsack springen würde. Ich schätze, ich war mental noch nicht ganz bereit, zu gehen. Teils sicher auch, weil diese Planänderung bereits einige Zeit in der Luft hing.

Nach dem Verlust von Progress 59P vor zwei Wochen wurde uns allen klar, dass der nächste Start einer Soyuz verschoben werden würde, um Zeit für eine komplette Untersuchung, die Implementierung eventueller Korrekturen und möglicherweise den vorherigen Start eines weiteren unbemannten Fahrzeugs zu erkaufen.

Ob unsere Rückkehr auch verschoben werden würde, war weniger klar: auf der einen Seite hat es Vorteile, eine komplette Crew an Bord zu haben, auf der anderen Seite hatten wir gerade ein Versorgungsschiff verloren und Verbrauchsmaterialien hätten ein Problem werden können (wurden sie aber nicht, wie sich herausstellte).

Während wir auf die ISS Partneragenturen warteten, eine Entscheidung zu treffen, wurde unser Zeitplan mit den Aktivitäten gefüllt, die uns für eine normale Landung auf dem Plan halten: Wir führten eine Dichtigkeitsprüfung unserer Sokol Druckanzüge durch (Prüfung bestanden!), wir zogen zur Probe unsere Kentavr Kompressionshosen an, wir sammelten weiter Fracht für unsere Soyuz, inkl. unserer persönlichen 1,5kg Zuteilung und wir packten einige andere persönliche Dinge für ihre Rückkehr zur Erde an Bord von Dragon. Anton und ich frischten unsere Kenntnisse des manuellen Wiedereintritts auf. Da die finale Entscheidung, unsere Landung zu verzögern noch nicht getroffen war, mussten wir bereit sein.

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Allerdings wurde der Test von Soyuz‘ Steuerdüsen, der für Freitag angesetzt war, abgesagt und an dem Punkt war uns klar, dass wir nicht am 13. Mai heimkehren würden. Bereit und glücklich, zu bleiben!

Und keine Sorge: Ich habe noch Unterwäsche, Socken und sogar einen meiner Bonus-Essen-Container übrig. Ich bin wirklich froh, dass ich einige dieser Basisvorräte aufgespart hatte, nur für den Fall der Fälle! Ich konnte sogar einige T-Shirts wiederfinden, die ich bereits genutzt hatte, um Dinge für die Heimkehr mit Dragon darin einzuwickeln: sie haben vielleicht noch einige Klebereste des grauen Klebebandes an sich, aber sie tun ihren Zweck, sollte ich sie brauchen!

Wo ich von Dragon spreche, es sieht aus, als wäre Terry unerwartet für die gesamte SpaceX-6 Mission hier oben: wir packen sorgfältig und laden Säcke in Dragon und schaffen damit Platz auf der ISS, was immer gern gesehen ist.

Wir führen außerdem noch einige vorbereitende Arbeiten durch, um PMM an die Node-3-vorwärts Lokation umzuziehen und, wer weiß…? Das tatsächliche Umziehen könnte möglicherweise bald passieren, anstatt nächsten Sommer. Da wir hier oben so bald nirgendwo hingehen, finden die Planer sicher gute Verwendung für unsere Zeit an Bord.

Und ich hätte unheimliche Lust, wenn auch nur für ein paar Tage, auf einen 360° Rundumblick aus der Cupola!

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L+141 – L+144: Ein Alternativplan für Dragons verzögerte Ankunft

Wie ihr vielleicht schon gehört habt, hat sich die Ankunft von Dragon um ein paar Tage verzögert. Hätte der Start am Montag stattgefunden, wäre Dragon bereits an Node 2 angedockt und wir hätten bereits die Luke geöffnet und begonnen, wichtige Fracht auszuladen.

Aber hey, in der Raumfahrt steht Flexibilität an erster Stelle. Der Start wurde um einen Tag verschoben, was die Ankunft an der ISS um zwei Tage verzögert…etwas Raumflugmechanik und Phasenwinkel für euch.

Wenn ihr aber denkt, dass wir während der Zeit des Wartens darauf, dass Dragon an unserer Tür klopft zwei Tage frei hatten, fürchte ich, dass ihr nicht mit den Kollegen vertraut seid, die die ISS Arbeiten steuern: sie haben immer einen Plan in der Schublade! Ein Start wurde verschoben? Voilà, ein neuer Plan ersetzt den alten. Bereit? Los geht’s! Immer wenn Dinge primär auf einem von Natur aus unsicheren Ereignis wie dem Start einer Rakete abhängen, dann haben die Missionsmanager, Flugdirektoren und Planer immer zwei vollstände Pläne: das erfordert eine Menge zusätzlicher Arbeit am Boden, stellt aber sicher, dass keine wertvolle Zeit der Besatzung auf der ISS verschwendet wird.

In diesem Fall hatten sie wichtige Pläne für den Fall einen Startausfalls. Ich hatte bereits am Dienstag so ein Gefühl: wenn sie dir eine ganze Stunde geben, um eine Prozedur für den nächsten Tag einzustudieren und du dann noch eine Stunde bekommst, um die Hardware dafür zusammenzusuchen und sie dir dann sagen, dass du kein Werkzeug aus der Werkzeugkiste, sondern stattdessen die ganze Kiste nehmen sollst…wenn all das zusammenkommt, weißt du, dass du dir an etwas wichtigem die Hände schmutzig machen wirst. Was ich liebe!

Während Terry und Scott mit ihrer Hauptaktivität an den EVA Anzügen beschäftigt waren, verbrachte ich den Tag in Node 3 damit, die intermodulare Luftführung zu rekonfigurieren in Vorbereitung für das Bewegen des PMM Moduls vom Node 1 Tiefpunkt nach Node 3 vorwärts gerichtet im Laufe dieses Jahres. Im Prinzip müssen wir sicherstellen, dass PMM an seinem zukünftigen Standort eine Belüftung hat. Ich hätte nie gedacht, dass es möglich wäre, so viele Säcke Hardware in Node 3 zu verstauen, im ziemlich engen Raum zwischen ARED und der Toilettenkabine, aber irgendwie hat es geklappt. Und um 02:00 Uhr Houstoner Zeit waren die Spezialisten am Boden bereit, mich zu unterstützen, mit einem Bodenmodell des Equipments, um eventuell auftretende Probleme zu reproduzieren. Glücklicherweise ging, abgesehen von einigen festsitzenden Verbindern, alles glatt: Hut ab an das Team dafür, dass sie so eine tolle, nutzerfreundliche Prozedur vorbereitet hatten!

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Die Verspätung von Dragon eröffnete auch etwas freie Zeit, um am Europäischen Modularen Anbausystem (EMCS – European Modular Cultivation System) im Columbus Modul zu arbeiten. Ich baute einige Module namens „Rotos Based Life Support Systems“ aus – autarke Kästen, die an den Rotoren dieser Anlage angeschlossen sind. Sie werden zusammen mit Dragon zur Erde zurückkehren, aufbereitet und in der Zukunft wieder verwandt, um zukünftige Pflanzenexperimente zu unterstützen.

Ach so, ich arbeitete auch ein bisschen an einem Kubik, der eigenständigen Zentrifuge/Brutkiste, die wir manchmal im Kolumbus Modul für Experimente an Zellkulturen nutzen. Ich schloss das Experiment Stammzellendifferenzierung (Stem Cells Differentiation) ab, indem ich die Container in die Kältelagerung verlegte und Kubik Daten an den Boden schickte. Wie der Name schon sagt, untersucht dieses Experiment menschliche, mesenchymale Stammzellen, welche sich auf verschiedene Zelltypen aufteilen, um Knochen, Fett, Knorpel, Muskeln oder Sehnen aufzubauen. Nun, wenn ihr eine Stammzelle seid und ihr habt die Wahl, wie wisst ihr, wie ihr euch aufteilen müsst? Was werdet ihr, wenn ihr „groß“ seid? Das hängt von den Signalen ab, die ihr von den sogenannten signalgebenden Molekülen bekommt. Vitamin D ist eins dieser signalgebenden Moleküle und genau gesagt wissen wir, dass es daran beteiligt ist, den Stammzellen zu sagen, dass sie sich in Knochenzellen entwickeln sollen. Knochenverlust ist, wie ihr wisst, ein großes Problem in der Schwerelosigkeit, dieses Experiment untersucht also die Effektivität von Vitamin D, indem es Stammzellenaufteilung vergleicht, mit ohne und das Vorhandensein von Vitamin D. Ziemlich cool, oder?

Übrigens, ich weiß nicht, wieviel Sonnenlicht ihr abbekommt, dort wo ihr wohnt (wir bekommen hier oben nicht viel ab), aber wenn ihr es nicht schon getan habt und die Gelegenheit bekommt, checkt bei eurer nächsten Blutabnahme eure Vitamin D Werte!

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