L+151 – L+154: Willkommen zurück, alte Freunde C. Elegans

Nachdem ich letzte Woche an einigen neuen Experimenten arbeitete, beschäftigte ich mich am Donnerstag größtenteils mit Arbeit an Fracht, vor allem mit dem Auspacken der gigantischen Säcke die, wie ich schon erwähnte, wir aus Dragon entfernten und temporär auf der Station lagerten, während wir andere wichtige wissenschaftliche Dinge ausluden.

Man kann nie sagen, wie lange es dauern wird, einen Sack auszupacken, wenn man nur von der Anzahl der Gegenstände ausgeht: Selbst einige wenige Teile können lange brauchen, wenn die Orte zum Verstauen eine Herausforderung sind. Sagen wir zum Beispiel, dass man ein Rack drehen muss, um zum Staufach auf der linken, gewölbten Seite zu kommen, die die gegen die zylindrische Hülle eines Moduls zeigt.

Ein Rack zu drehen ist an sich nicht kompliziert, oft muss man aber Dinge aus dem Weg der Rotation wegräumen: Säcke, Kabel, Computer, Kameras…und sie alle anschließend wieder zurücklegen. Stellt euch vor einen Teil eurer Wand zuhause zu drehen, um an einen geheimen Raum dahinter zu kommen, nur, dass ihr viele Dinge an der Wand und der Decke hängen habt!

Wie auch immer, ich schulde euch ein paar Worte zum Fadenwürmer-Muskel-Experiment (Nematode muscle), an dem ich letzte Woche arbeitete. Zu allererst, willkommen zurück auf der Internationalen Raumstation an unsere alten Freunde, die C. Elegans. Ja, dank ihres sehr gut verstandenen genetischen Aufbaus sind diese kleinen Würmer sehr beliebte Musterorganismen, auf dem Planeten und auch abseits davon. Erinnert ihr euch an das Epigenetics Experiment?

Aber lasst uns über dieses neue Experiment sprechen. Wie der Name schon sagt, beschäftigt es sich mit Muskeln, genauer gesagt mit Muskelatrophie. Es ist inzwischen klar, dass Muskelatrophie eine Auswirkung der Raumfahrt ist und es ergibt natürlich Sinn, noch verstehen wir allerdings nicht die biologischen Mechanismen, die zum Muskelschwund führen.

Wir Astronauten können diesen negativen Effekten entgegentreten, indem wir jeden Tag trainieren, weil wir gesund sind. Was aber ist mit kranken Menschen, die bettlägerig sind? Die molekularen Mechanismen zu verstehen, die Muskelatrophie verursachen, könnten dabei helfen, diesen Menschen zu helfen.
Wie so oft in der Wissenschaft ist Fadenwürmer-Muskeln ein Folgeexperiment, das auf vorangegangener Weltraumforschung aufbaut.

Das Team hat über einige Jahre bereits herausgefunden, dass C. Elegans im Weltraum eine reduzierte Proteinkonzentration in ihren Muskeln und ihrem Cytoskelett (den „Knochen“ der Zellen) entwickeln. Interessanterweise verschiebt sich ihr Metabolismus auch in einen Energiesparmodus. Die Frage ist jetzt: wie empfangen Zellen die Signale, die diese Veränderungen auslösen? Wie wird die Nachricht übertragen? Und, für die von euch, die sich für Biologie interessieren, vor allem soll die Insulin/IGF-1 Signalübertragung untersucht werden, um zu sehen, ob sie allein für die Änderung des Metabolismus verantwortlich sein kann. Vielleicht ist auch das Gegenteil der Fall, dass es da mehr herauszufinden gibt, wie die Zellen ihre „Nachricht“ bekommen. Faszinierende Sache!

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Am Wochenende war es hier oben übrigens ziemlich ruhig. Wir hatten sogar den größten Teil des Freitags frei, um uns von 2 Wochen kontinuierlicher Arbeit zu erholen, was nett war. Terry und ich machen uns in nur zwei Wochen auf den Heimweg und es gibt noch einiges zu tun, um unser Leben auf der Raumstation abzuschließen und alles für die nächsten Bewohner unseres Außenpostens im Weltraum fertig zu machen.

PS: Vielen Dank an +Dmitry Meshkov, der von nun an dieses Logbuch ins Russische übersetzt, angefangen mit den neuesten Einträgen.

Und natürlich nochmals vielen Dank an die italienischen, französischen, spanischen und deutschen Übersetzer von #SamLogbook für ihre tolle Arbeit! Ihr Leute seid super!

Originaler Logbucheintrag bei Google+
https://plus.google.com/u/0/+SamanthaCristoforetti/posts/EL5Q2BwVLE3

(Trad IT)  Traduzione in italiano a cura di +AstronautiNEWS  qui:
http://www.astronautinews.it/tag/logbook

(Trad FR) Traduction en français par +Anne Cpamoa ici:
https://spacetux.org/cpamoa/category/traductions/logbook-samantha

(Trad ES) Tradducción en español por +Carlos Lallana Borobio aqui:
http://laesteladegagarin.blogspot.com.es/search/label/SamLogBook

(Trad Russo) +Dmitry Meshkov
http://samlogbook-ru.livejournal.com

Alle Bilder © ESA/NASA

L+150: Nanopartikel gegen Knochenverlust?

Hey, ich habe nicht vergessen, dass ich versprochen hatte, euch vom NATO Experiment zu erzählen!

Am Mittwoch schloss ich das NATO Experiment ab, indem ich die Container aus den Kubik Brutkammern entfernte und sie in den MELFI Gefrierschrank verfrachtete, sodass sie gefroren bleiben, bis Forscher am Boden sie bekommen und ihre post-Flug Analysen durchführen können.

Der volle Name des Experimentes lautet Nanoparticles and Osteoporosis (Nanopartikel und Osteoporose) und, wie Osteo-4 im letzten Logbucheintrag, untersucht es die Knochen. Während Osteo-4 allerdings die Mechanismen untersucht, die bei uns in der Schwerelosigkeit zu Knochenverlust führen, betrachtet NATO, was wir dagegen tun können und insbesondere, ob ein bestimmter Typ von Nanopartikeln effektiv dem Knochenverlust entgegensteuern kann.

Nun, es ist nicht direkt offensichtlich, aber Knochen ist lebendes Gewebe, das kontinuierlich zerstört und wieder aufgebaut wird. Zellen namens Osteoklasten zerstören Knochen, andere namens Osteoblasten produzieren neuen. Solange Zerstörung und Produktion in der Waage bleiben, ist alles in Ordnung. In der Schwerelosigkeit jedoch ist diese Balance gestört und die Osteoklasten gewinnen. Das Selbe passiert bei Leuten, die unter Osteoporose leiden, leider ein häufig auftretendes Problem.

NATO untersucht unter künstlichen Bedingungen die Effekte des Hinzufügens von verschiedenen Dosen von „Strontium beinhaltenden Hydroxyapatit-Nanopartikeln“ (strontium-containing-hydroxyapatite-nanoparticles), nHAP-Sr. Einige Studien am Boden legen nahe, dass das Hinzufügen von nHAP-Sr effektiv die Osteoklaten am Zerstören der Knochen hindern könnte, was eine bevorzugtere Balance im Zerstörungs-/Produktionszyklus fördern würde. Eine vielversprechende Forschung für Astronauten im Weltraum und für die Menschen am Boden, die an Knochenschwund leiden!

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Aber es geht hier oben natürlich nicht immer nur um Wissenschaft. Wir müssen die Station am Laufen halten, was auch bedeutet, dass der Recycling-Tank in unserer Urinverarbeitungsanlage (Urine Processing Assembly – UPA) regelmäßig getauscht werden muss. Ihr seht die UPA im Bild, sie beansprucht den Deck-Raum unterhalb unserer Weltraum-Toiletten. Was von unserem Urin übrig bleibt, nachdem er in der UPA verarbeitet wurde, ist eine dichte, grüne und nicht besonders angenehm riechende Flüssigkeit namens brine, welche im Recyclingtank gesammelt wird, welcher natürlich gewechselt werden muss, sobald er voll ist.

Ich beendete den Tag jedoch mit einem weiteren coolen Experiment namens Fadenwürmer Muskeln (Netode muscle). Davon erzähle ich euch beim nächsten Mal!

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Alle Bilder © ESA/NASA

L+149: Die BRICs entspannen sich bei -98°C

Und ein weiterer Tag Wissenschaft hier auf dem Außenposten der Menschheit im Weltraum!

Zu allererst werdet ihr froh sein zu hören, dass die BRICS, von denen ich euch im letzten Logbucheintrag erzählte, sich bei -98°C in einem unserer MELFI Gefrierschränke entspannen: nachdem ich das Experiment am Montag aktivierte, verblieben die Mikrokulturen für ungefähr 24 Stunden bei Raumtemperatur, bis es dann Zeit war, sie in die Kältelagerung zu verfrachten, wo sie bleiben, bis sie zur Erde zurückkehren können.

Gestern führte ich außerdem den dritten und letzten Lauf des Osteo-4 Experimentes durch, welches letzte Woche mit Dragon kam. Es ist ein Set von drei Formen, jede drei Bioreaktoren mit Kulturen von Knochenzellen von Mäusen beinhaltend. Das Ziel ist die Untersuchung der Mechanismen der Mechanotransduktion, was prinzipiell bedeutet, dass das Knochengewebe mechanische Kräfte „spürt“ und mit einem bestimmten Verhalten reagiert. Vermutlich verlieren wir deshalb Gewicht im Weltraum: in der Schwerelosigkeit entsteht nicht viel Belastung auf das Skelett, also ist die Reaktion unseres Körper, Knochenmasse abzubauen. Wenn wir unseren Körper nur davon überzeugen könnten, dass wir in einigen Monaten wieder zurück auf der Erde sind und all die Knochenmasse wieder gebraucht wird! Wir versuchen, dieses Signal zu senden, indem wir mechanische Kräfte auf unsere Knochen ausüben, indem wir täglich an einer Maschine trainieren – ARED – welche Gewichtheben simuliert.

Wie auch immer, zurück zu unserem Experiment: Ziel ist es, die Genexpression in Osteozyten in der Schwerelosigkeit zu untersuchen: und zwar aus dem Grund, weil Osteozyten – die häufigsten Zellen in Knochen – die mechanischen Sensoren des Knochens sind. Sie sind für das Fühlen von mechanischen Belastungen und das Veranlassen von entsprechenden biologischen Reaktionen verantwortlich. Wie dieser Mechanismus funktioniert, ist allerdings immer noch etwas ein Geheimnis. Hier kommt Osteo-4 ins Spiel!

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Mein Beitrag daran war, die Bioreaktoren aus den Formen zu entnehmen, die Luftführung zu rekonfigurieren, um alle Schleifen zu entfernen und die Bioreaktoren anschließend in die Kältelagerung zu verfrachten. Was es etwas mühseliger machte, als es üblich gewesen wäre, lag daran, dass ich – wie ihr im Bild sehen könnte – im mobilen Handschuhkasten arbeiten musste… mein alter Freund vom Fruchtfliegen Experiment, ihr erinnert euch?

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(Trad IT)  Traduzione in italiano a cura di +AstronautiNEWS  qui:
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